Jugendstadtrat – Ein Projekt auf die Zukunft ausgerichtet

“Gebt den Kindern das Kommando” forderte Herbert Grönemeyer 1986 in seinem Lied
Kinder an die Macht. Kinder und Jugendliche sollten eine stärkere Beteiligung an politischen
Prozessen und Entscheidungen haben. Die Forderung nach mehr Einbindung junger
Menschen in derartige Prozesse ist zeitlos und findet sich heute in verschiedenen Initiativen
wieder. So auch in Annaberg-Buchholz.
Neben dem Jungen Runden Tisch, den Jugendliche monatlich besuchen können, um
Annaberg-Buchholz in ihrem Sinne mitzugestalten, wurde unter der Leitung unseres
Oberbürgermeister Rolf Schmidt ein Jugendstadtrat etabliert. “Jugendstadtrat – KOMM UNd
mAch maL POLITIK!“, heißt das Projekt. Die Idee: Junge Menschen sollen auf
kommunalpolitischer Ebene ein Gespür für die Arbeit des Stadtrates entwickeln, indem sie
Beschlüsse fassen, die allerdings und selbstverständlich keine tatsächlichen Rechtsfolgen
hervorbringen. Am 26. März 2024 trafen sich Jugendliche aus verschiedenen Schulen im
Rathaus, um zu diskutieren und ihre Stimmen laut werden zu lassen. Auch die EGE war
stark vertreten. Zehn Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen acht und neun setzten
sich mit anderen Lernenden an den Tisch.

Im Interview erzählt uns Amrai Hofmann (Klasse 8), dass den jungen Stadträten Beschlüsse
des “eigentlichen” Stadtrats vorgelegt worden sind und diese im Jugendstadtrat diskutiert
wurden. “Es ging darum, die Meinungen und den Stand der Jugendlichen
herauszufinden, um diese in zukünftigen Stadtratssitzungen einzubringen”, ergänzt Hanna
Lourradi (Klasse 9), die genau wie Amrai als Jugendstadtrat aktiv war.
“Spannend waren vor allem die Einführung in die Themen und das nähere Vertrautmachen
mit den Abläufen im Stadtrat. Am spannendsten fand ich die Gespräche mit den Stadträten.
Diese waren sehr offen und man merkte, dass auch sie gerne mit uns diskutiert und geredet
haben. Die Interaktion mit den Stadträten fand ich sehr gelungen, da man sich auch über
andere politische Themen unterhalten und ganz offen unterschiedliche Meinungen
diskutieren konnte. Ich war angenehm überrascht von der Anteilnahme und Offenheit für
Meinungsaustausch der Stadträte. Einige von ihnen boten uns sogar an, in unseren Klassen
vorbeizukommen, um über Politik aufzuklären”, erzählt uns Alexander Bauer (Klasse 9).
Hanna fügt hinzu, dass es vor allem mit den Vertretern der AFD hitzige Diskussionen
gegeben habe.
Die Jugendstadträte hatten unter anderem die Aufgabe, eine Investitionssumme von
400.000 Euro auf verschiedene Projekte aufzuteilen, wobei sich die Gesamtsumme der für
die Projekte beantragten Gelder auf 480.000 belief. Die Fachschaftsleiter aus
verschiedenen Bereichen wie Kultur, Bau und Bildung stellten ihre Projekte vor und buhlten
um die Gunst der Jugendstadträte. “Man bedenkt das eigentlich gar nicht, wenn man das
nicht so sieht. Ich hätte nie gedacht, dass so viel Geld gebraucht wird”, erklärt Amrai. “Zum
Beispiel in Kindergärten sieht man das von außen ja nicht, was da alles gebraucht wird. Es
war sehr spannend zu sehen, wo überall Geld gebraucht wird.” Auch für Hanna waren die
Summen, mit denen der Stadtrat arbeitet, interessant. Sie finde es gut, dass der Stadtrat so
großen Einfluss auf die Finanzen hat.

Für unsere Schülerinnen und Schüler war es eine neue und interessante Erfahrung. “Es hat
mir Spaß gemacht, einen aktiven Beitrag zu leisten, auch wenn es nur eine Simulation war”,
so Hanna. Dem stimmt Amrai zu. Sie hätte sich gewünscht, mehr über Themen wie den
Stadtpark zu sprechen. Hanna und Alexander hätten sich gewünscht, mehr über aktuelle
politische Themen, besonders die aufkommenden rechten und rechtsextremen Meinungen,
zu sprechen.
Nichtsdestotrotz waren alle von der Idee, einmal über kommunale Entscheidungen zu reden,
sehr angetan. Alexander fasst es zusammen: “Ich fand es eine wirklich gute Idee der
Stadtverwaltung und es war auch eine sehr gute Gelegenheit, offen seine Meinung zu
vertreten. Für mich war es ein gelungener Versuch, Jugendliche mehr in die Politik mit
einzubeziehen.”
Für alle war es Lernen in Aktion, denn der Stadtrat und die Entscheidungen, die dieser trifft,
gehen im Schulalltag doch sehr unter. Mehr Aufklärung über die Aufgaben und
Entscheidungen des Stadtrates an Schulen wünscht sich Amrai. Es sei wichtig, zu wissen,
was in der eigenen Stadt los sei.
Amrai, Hanna und Alex sind sich einig: Ein weiteres Mal würden alle nochmal mitmachen.
Der Austausch zwischen Jugendlichen und Erwachsenen und das Projekt im Allgemeinen
waren für alle eine Möglichkeit zu wachsen und zu lernen.
Im GRW-Unterricht wünschen sich alle mehr Transparenz der Stadtpolitik, durch eine
Simulation des Stadtrats schlägt Hanna vor.
“Stadtpolitik oder generell Politik sollte viel mehr durch solche Projekte vermittelt werden und
auch solche zukünftigen Projekte wie Stadträte, die an Schulen kommen und ihre Arbeit
vorstellen, halte ich für einen guten Weg, um Politik zu vermitteln und mehr Interesse von
Schülern für Politik zu wecken”, schließt Alexander.
Das Engagement der Jugendstadträte in Annaberg-Buchholz zeigt deutlich, wie wichtig es
ist, jungen Menschen frühzeitig die Möglichkeit zu geben, an politischen
Entscheidungsprozessen mitzuwirken. Durch Projekte wie den Jugendstadtrat erhalten sie
nicht nur die Möglichkeit, ihre Stimme zu erheben, sondern erhalten auch wertvolle Einblicke
in die Funktionsweise kommunaler Politik. Der offene Austausch zwischen Jugendlichen und
Erwachsenen fördert nicht nur das Verständnis füreinander, sondern stärkt auch das
demokratische Bewusstsein und die Partizipationsbereitschaft der jungen Generation. So
wird Grönemeyers Ruf nach mehr Jugendbeteiligung in Annaberg-Buchholz aktiv umgesetzt.“
(pge – der Artikel stammt von Paula Gerlach, der Chefredakteurin der Schülerzeitung „newspager)

Quellenverzeichnis:
(1) https://www.annaberg-buchholz.de/de/veranstaltungen-annaberg-buchholz/rathaus/1
-jugendstadtrat-komm-und-mach-mal-politik/4887/15008 [abgerufen am 12.04.2024]