Erwarte nichts. Heute: das ist dein Leben!
Mit diesem Zitat von Kurt Tucholsky wurden wir vor ein paar Monaten eingeführt in das Sozialpraktikum am Martinshof in Rothenburg direkt an der Grenze zu Polen, der eine ereignisreiche und lange Geschichte vorweisen kann. Man stellte uns die Einrichtung vor, die als Diakonie ein riesiges Gelände mit vielen Außenstellen umfasst, viele Mitarbeiter beschäftigt und für eine Woche auch unser Arbeitsort sein soll. Keine Erwartungen zu haben ist etwas, das dort zum Alltag gehört. Das Leben mit dem was man hat leben und damit zufrieden sein. Im Kontakt mit den Menschen mit Behinderungen oder den Bewohnern der Altenpflege war ein besonderer Umgang gefragt, wie wir in dieser Woche lernen sollten.
Am Morgen des Montags, dem 25. September begann also das Abenteuer für das sich 17 Schülerinnen und Schüler der EGE der 11. Klasse im Rahmen der Projektwoche gemeldet hatten. Wir fuhren betreut von Frau Lötzsch und Herrn Dr. Hansen mit Bus und Bahn, bis wir dann schließlich am Nachmittag den Martinshof erreichten, wo wir freundlich empfangen wurden und man uns das Gelände vorstellte und mit einigen der Bewohnern vertraut machte. Wir bezogen unsere Zimmer und in einer einleitenden Runde wurden wir auf die Arbeit mit den besonderen Menschengruppen vorbereitet. Selbst durften wir simuliert erfahren was es bedeutet, eingeschränkt zu sein in Bewegung, Sehvermögen etc.
Zu Beginn des nächsten Tages begann unser erster Arbeitseinsatz. Aus verschiedenen Praktikumsplätzen konnten wir uns im Voraus für einen entscheiden. So gingen einige in den örtlichen Kindergarten oder die Grundschule, andere hingegen in eine Altenpflegestation, einen Wohnbereich für Menschen mit Behinderung oder die Handwerkerhalle für Personen mit speziellen Einschränkungen auf dem Martinshof. Das Mittagessen nahmen wir zusammen in der zentral gelegenen Cafeteria ein. Als wir von unserem ersten Arbeitstag von Frau Lötzsch und Herrn Hansen mit Kaffee und Kuchen empfangen wurden, begann reger Austausch über die gemachten Erfahrungen. Bei der anschließenden Auswertungsrunde konnten wir ebenfalls unsere ersten Eindrücke miteinander teilen.
Mit dem Wissen was uns nun erwartet, starteten wir in unseren zweiten Arbeitstag, der bei vielen viel erfolgreicher verlief als der anfängliche erste. Die Gegend erkundend besuchten wir am Nachmittag die nahe gelegene Kulturinsel Einsiedel und verbrachten einige lustige Stunden beim Klettern durch die Tunnel, Betrachten der Tiere oder Genießen der vielen kreativ gestalteten Möglichkeiten dort etwas zu erleben.
Schnell war auch der vorletzte Tag gekommen, was unserem letzten Arbeitstag in den jeweiligen Einrichtungen bedeutete. Nun hieß es, sich wieder zu verabschieden von den Kindern oder den ein oder anderen Bewohnern, mit denen man sich in den letzten Tagen angefreundet hatte. Beim abschließenden Abendessen waren sogar Gäste aus dem Martinshof erlaubt. Natürlich endete der Tag nicht ohne eine reflektierende Abschlussrunde, in der es vergleichend mit dem ersten Tag auch darum ging, nach dieser Woche ein Fazit zu ziehen. Wir waren alle positiv überrascht von dem Sozialpraktikum und betrachteten die Veränderung, die wir in den letzten Tagen durchlaufen haben. Ein Prozess, der durch die vielen besonderen Erfahrungen, die wir exklusiv am Martinshof machen durften, uns sicher auch für unser weiteres Leben geprägt hat.
Abschließend wartete ein letztes Frühstück auf uns, nachdem wir endgültig unsere Zimmer verlassen hatten. Von einem Diakon der Einrichtung bekamen wir in der auf dem Hof gelegen kleinen Kapelle schließlich unser Teilnehmerzertifikat mit verabschiedenden Worten überreicht. Uns wurde die Vielzahl der unterschiedlichsten Berufe, die am Martinshof arbeiten, bewusst mit deren engem Zusammenarbeiten durch gegenseitige Ergänzung mit den jeweiligen Stärken der Martinshof zu dem wurde, was er heute ist und sicher auch noch auf diese Weise weiter anwachsen wird, wie die zwei noch im Bau befindlichen neuen Häuser auf dem Gelände zeigen.
David E.v.d. Planitz